Wie können Musicals in Bezug auf gesellschaftspolitische Ereignisse gelesen werden? Lassen sich Ungleichheiten auch in Musik-Nummern beschreiben oder thematisieren? "The Making of Monsters" kombiniert die Idee eines experimentellen Musicals mit der Erzählung einer gewaltvollen Geschichte von dem homophoben Mord an einem Lehrer. Wie verhält sich die Erzählung von der Gewalt zu der Form des Musicals?
Der Filmwissenschaftler Richard Dyer hat sich frühe Musicals in Bezug auf Fragen nach utopischen Momenten angeschaut. Der Wunsch zur Veränderung gewaltvoller Strukturen ist hier eine Idee, die in diesen Filmen für ihn erahnbar wird. Nutzen queere Musicals ebensolche Strategien und intervenieren sie in gewaltvolle/ normative Strukturen? Im Vortrag werden, ausgehend von „The Making of Monsters“, einzelne Musicals eines Queer Cinema exemplarisch vorgestellt und in Bezug auf ihre Ästhetik und ihre Narrative in den Blick genommen.
1985 wurde der schwule Lehrer Kenneth Zellers im High Park in Toronto von fünf Teenager-Jungen ermordet. John Greyson, Enfant terrible des kanadischen Kinos, inszenierte ein experimentelles Musical, in welchem er eine umfassende aktivistische Analyse dieses Falls vornimmt. Mit Brechtschen Verfremdungsstrategien und einem ausgelassenen Sinn für Provokation rekonstruiert er Tathergang und Medienhype in einem fiktiven Making-of von Dreharbeiten, das er wiederum mit vielfältigen ästhetischen Formen sprengt: Reportage-Elementen, Theaterszenen, Archivmaterial und Musikvideosequenzen. So entsteht eine radikale, vielschichtige Studie zu Homophobie, die das Dickicht weißer Heteronormativität mit bitter-ironischen Zügen durchschlägt. Bertolt Brecht höchstpersönlich tritt als Regisseur in Gestalt eines Fisches auf, und Tänzer in Jockstraps mit Hockeyschlägern und Torhütermasken entzünden ein Feuerwerk queerer Lebenslust, voller Wut und selbstbestimmter Strahlkraft.
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// So // 16 Uhr // Queere Filmwoche/ VORTRAG von Natascha Frankenberger:
THE MAKING OF MONSTERS - QUEERER AKTIVISMUS UND DAS UTOPISCHE POTENTIAL EINES MUSICALS